Weekly Wisdom
Das Wichtigste am Lernen: Freude!
„Der Geist ist kein Schiff, das man beladen kann, sondern ein Feuer, das man entfachen muss.“
Plutarch
Wunderbare Worte, nahezu 2000 Jahre alt.
Der griechische Philosoph Plutarch war davon überzeugt, dass Lernen mehr ist als das möglichst umfangreiche Befüllen unseres Geistes. Was es braucht? Begeisterung, Feuer, Freude! Kaum zu glauben, aber diese Erkenntnis ist Wissen aus der Antike.
Ferien! Nach einem langen Schuljahr fragt sich möglicherweise der/die eine oder andere Schüler·in, ob diese Erkenntnis die lange Zeitreise in unser Schulsystem geschafft hat. Mit Freude wird nicht in erster Linie Lernen in der Schule assoziiert, sondern Aktivitäten in der Freizeit.
Wie ist der Status Quo?.
Wie erfolgt Wissensvermittlung aktuell? Leistungsdruck, quantitative Lernziele, Pisa-Tests, Zentralmatura und Co dominieren oft die strategische Ausrichtung und die sich daran orientierende Umsetzung im Schulalltag. Negative Emotionen, wie etwa Angst, Stress, Erschöpfung usw. nehmen viel Raum ein. Ambitionierte Lehrer·innen und fördernde Eltern kommen gegen die systemische Blockade kaum an. Bestenfalls kann mit viel Engagement teilkompensiert und gegengesteuert werden. Großteils wird der Einfluss positiver Emotionen im Lernerfolg unterschätzt und in der Wissenschaft zu wenig beleuchtet.
Die Neurobiologie bestätigt.
Die Neurobiologie (von griech. neuron = Nerv, bios = Leben, logos = Kunde), beschäftigt sich mit der Erforschung des Nervensystems, dessen Aufbau und dessen Funktion. In Relation zu anderen Wissenschaftsbereichen ist sie noch relativ jung und multidisziplinär. Erst vor circa 100 Jahren wurde die Möglichkeit entwickelt, zu zeigen, dass das Gehirn aus Zellen besteht und diese Zellen ein komplexes Netzwerk bilden.
Die Relevanz von Emotionen.
Welche Emotionen den Lernprozess begleiten, hat gravierende Auswirkungen auf die Lernmotivationen und den Lernerfolg. Neurobiologische Erkenntnisse betonen die Bedeutung dieser Faktoren und kommen zu dem Ergebnis, dass unterschiedliche Emotionen die für Lernen relevanten Gehirnregionen auf jeweils andere Art beeinflussen.
Laut Spitzer bewirkt Angst im Lernprozess, dass die kognitiven Kompetenzen eingeengt werden. Das rasche Ausführen einfacher Routineaufgaben wird gefördert, das Gehirn greift auf simple, oft verwendete Lösungsmuster zurück. Im Gegenzug dazu vermindert sich die Fähigkeit kreativ, frei und offen zu denken, zu lernen und zu handeln.
Stress und Lernen.
Ähnlich wie Angst hat auch Stress eine grundsätzlich wichtige Funktion für den Menschen. In Notfallsituationen oder Zeiten erhöhter Leistungserfordernis kommt es zur Ausschüttung der Hormone Adrenalin und Noradrenalin, sowie Kortisol wird produziert. Das hat zur Konsequenz, dass Kraftreserven mobilisiert werden sowie die Leistungsfähigkeit und -geschwindigkeit erhöht wird. Evolutionär hat diese Funktion den Ursprung in den meist akuten und punktuellen Bedrohungen, wie z.B. die Gefahr durch Säbelzahntiger. Dauert dieser Zustand von Stress, Gefahr und Leistungsdruck jedoch über mehrere Tage, Wochen oder sogar Monate an, gerät der gesamte Organismus aus der Balance.
Die Auswirkungen für das Gehirn und in weiterer Konsequenz für das Lernen sind ebenfalls schwerwiegend. Wie oben beschrieben kann akuter Stress zu einer erhöhten Leistungskompetenz führen und dadurch auch zu einer Verbesserung der Lernergebnisse führen. Chronischer Stress bewirkt jedoch das Gegenteil davon und wirkt sich somit ungünstig auf Lernmotivation und Lernerfolg aus.
Lernen und Freude!
Die Idee, dass Lernen Freude bereitet, wirkt für sehr viele Schüler utopisch. Jedoch ist dies nicht von Geburt an der Fall, es ist etwas, das durch negative Lernerfahrungen entsteht.
Seligman beschreibt, warum es aus seiner Sicht besonders wichtig ist, dass Schüler sich wohlfühlen. Wohlbefinden fördert das Lernen, indem es zu einer längeren Aufmerksamkeitspanne, zu kreativerem Denken und ganzheitlicherem Denken führt.
Der Neurobiologe Gerald Hüther definiert unterschiedliche Elemente einer „hirngerechten“ Art des Lernens und stellt die Bedeutung von Lernen mit Freude, Begeisterung und Vertrauen in den Mittelpunkt seiner Forschungstätigkeit. Zu den zentralen Aussagen seiner Ergebnisse zählt die Erkenntnis, dass man neues Wissen und neue Fähigkeiten nur dann erwirbt, wenn im Gehirn die Zentren der Emotion angeregt und aktiviert werden. Menschen lernen nur dann nachhaltig, wenn sie von den Inhalten oder von den Lehrenden emotional berührt werden und Freude macht. Nur dann werden vom Gehirn neuroplastische Botenstoffe wie Katecholamine, Endorphine und Oxytocin ausgeschüttet
Quellen:
Csikszentmihalyi, Mihaly (2007): Flow. Das Geheimnis des Glücks. Stuttgart: Klett-Cotta.
Hüther, Gerald (2011): Was wir sind und was wir sein könnten. Ein neurobiologischer Muntermacher. Frankfurt am Main: Fischer Verlag
Hüther, Gerald (2016): Mit Freude lernen – ein Leben lang. Weshalb wir ein neues Verständnis vom Lernen brauchen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Roth, Gerhard / Strüber, Nicole (2019): Wie das Gehirn die Seele macht. Stuttgart: Klett-Cotta.
Seligman, Martin (2015): Wie wir aufblühen. Die fünf Säulen des persönlichen Wohlbefindens. München: Wilhelm Goldmann Verlag.
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